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Die Vision auf den Boden bringen

Das Themenfeld «Kreislaufwirtschaft» ist einer der zentralen Bausteine eines Unternehmens und ein vielversprechender Erfolgsfaktor für die nachhaltige Ausrichtung unserer Gesellschaft.

Am Anfang steht die Vision
Den Unternehmenszweck und die Stärken eines Unternehmens vor Augen, bildet die intensive Auseinandersetzung mit der Vision den Ausgangspunkt einer Transformation. Denn diese schafft Orientierung und zeigt auf, wofür das Unternehmen in der Zukunft stehen soll. Es ist erst fünf Jahre her, als das Management von Swiss Prime Site seine Vision puncto Nachhaltigkeit neu formulierte und damit die unternehmerische Verantwortung und eine mehrdimensionale Wertschöpfung ins Zentrum seines Handelns rückte. Die Integration erfolgte schrittweise. Die Basis bildeten die gemeinsamen Unternehmenswerte, der Fokus auf einen bestimmten Zeithorizont und die Entwicklung strategischer Ziele. Damit fing eine Reise an, die noch längst nicht abgeschlossen ist.

Langfristiges und mehrdimensionales Geschäftsmodell
Immobilien sind ein langfristig orientiertes Investitionsgut. Kaum eine andere Branche arbeitet mit vergleichsweise langen Lebenszyklen. Gebäude werden als Teil der Umwelt und Infrastruktur innerhalb einer sich rasch ändernden Gesellschaft, mit vielschichtigen Stakeholder-Anforderungen, wahrgenommen. Das Geschäftsmodell einer Immobiliengesellschaft muss einerseits auf das Spannungsfeld zwischen langfristiger Anlage und kurzfristig ändernden Anforderungen reagieren. Andererseits muss es unter Wahrung der gesellschaftlichen und ökologischen Verantwortung sicherstellen, dass die zu erwartenden Erträge höher ausfallen als die prognostizierten Finanzierungs- und Eigentümerkosten. In der Vergangenheit konnten sich Immobilieninvestoren stets darauf verlassen, dass dieses Zinsdifferenzgeschäft funktionierte.

Neue Geschäftsmodelle
Die Frage, ob es immer so weitergehen wird und inwiefern die Vermietung von Immobilien eine  künftige Daseinsberechtigung hat, darf und sollte gestellt werden. Gut erschlossene Grundstücksflächen sind ein sehr limitiertes Gut. Es dürfte immer eine Zahlungsbereitschaft für Wohn-, Arbeits- und Lebensräume geben. Inwiefern aber die Zurverfügungstellung von Flächen und die daraus resultierenden Mieteinnahmen ausreichen, um für die Zukunft fit zu bleiben, hängt auch von vielen äusseren Faktoren ab. Denn, das Angebot der reinen Quadratmetermiete wird immer mehr durch zusätzliche, auf neue Bedürfnisse und neue Anforderungen ausgerichtete Dienstleistungen ergänzt. Das «Betongold» wird dabei längst nicht mehr nur von den Immobilieninvestoren geschürft. 

Ökologische Verantwortung mit integralem Ansatz
Während Dienstleistungsunternehmen eine vergleichsweise überschaubare Ökobilanz aufweisen, sind Immobilienentwickler gefordert. Der Primärenergieverbrauch und die damit verbundenen CO2-Emissionen des Gebäudeparks sind hoch und die Sanierungszyklen gehen teilweise weit über das Jahr 2040 hinaus. Wenn man sich als Immobilienunternehmen zur Klimaneutralität in etwas weniger als 20 Jahren verpflichtet, ist ein Umdenken auf vielen Ebenen gefordert. Zur Umsetzung einer verantwortungsbewussten Portfolio- und Entwicklungsstrategie hat Swiss Prime Site zahlreiche Instrumente geschaffen und fokussiert auf einen integralen Ansatz. Neben der konsequenten Verfolgung eines operationalisierten CO2-Absenkpfads für das Immobilienportfolio, steht der Ausbau erneuerbarer Energie, die Auseinandersetzung mit Emissionen in der Lieferkette, der Kreislaufwirtschaft und innovativen Technologien sowie die konsequente Sensibilisierung und Wissensvermittlung im Mittelpunkt. Zentrales Management-Instrument für die erfolgreiche Verankerung der Nachhaltigkeitsbemühungen ist die Verknüpfung von nicht-finanziellen mit persönlichen und finanziellen Zielen. 

Verknüpfung von Kapital und Nachhaltigkeit 
Die Emissionen von Green Bonds stehen exemplarisch für den gelungenen Aufbruch in die Ära eines neuen Verantwortungsbewusstseins auf dem Finanzmarkt. Die Beschaffung von Kapital, um ein Geschäftsmodell zu betreiben oder ganz konkret um Sanierungen durchführen und alle weiteren notwendigen Investitionen in Liegenschaften und Services tätigen zu können, ist von zentraler Bedeutung. Die Kriterien, nach welchen Anleihen aufgenommen oder Kapitalerhöhungen platziert werden können, verändern sich. Dies geschieht nicht zuletzt aufgrund des Einflusses der angestossenen Debatte rund um ESG-Kriterien im Finanzsektor und der Auseinandersetzung mit Klimarisiken. Grosse Finanzinvestoren verschärfen ihre entsprechenden Richtlinien. Sie tun dies ohne lange Vorankündigung oder Übergangsfristen. Das bedeutet, unabhängig von der Branchenzugehörigkeit werden Unternehmen mit vergleichsweise langen Veränderungszyklen zur Umstellung ihrer Geschäftsmodelle, zusehends vom Kapitalmarkt ausgegrenzt, sofern sie nicht nachweislich gute ESG-Kennzahlen darzulegen vermögen. Dies ist insbesondere in der Immobilien- und Baubranche der Fall. Tatsächlich dürfte gewissen Branchen und einzelnen Unternehmen die «licence to play» daher vermutlich eher durch den Finanz- und Kapitalmarkt als durch Lenkungsmassnahmen des Staates entzogen werden. 

Wachsende Bedeutung der Kreislaufwirtschaft
Dass die Einsparung von CO2 im Betrieb und im Bau für ein Immobilienunternehmen von hoher Bedeutung ist, versteht sich von selbst. Die starke Fokussierung auf die CO2-Bilanz begründet sich in erster Linie aber mit der heute im Vordergrund stehenden Klimadebatte. Künftig dürfte eine dahingehend erweiterte Bilanzierung an Bedeutung gewinnen. Zum Beispiel inwiefern Materialien ein Wert beigemessen werden kann, der den gesamten Lebenszyklus reflektiert und in einem optimierten Ökosystem durch Up- und Downcycling in Summe klima- und mindestens wertneutral im Kreislauf verbleibt. Die Themen Ressourcenschonung, Ressourceneffizienz und technische Kreisläufe gewinnen weiter an Relevanz und stellen insbesondere für ressourcenintensive Branchen gleichermassen Herausforderung wie Chance dar. Letztere besteht darin, diesen Trend zur ganzheitlichen Betrachtung von Materialkreisläufen zu erkennen und ein neues Rollen- und Verantwortungsbewusstsein über den Lebenszyklus von Immobilien hinweg zu entwickeln.
 

Die Vision auf den Boden bringen
Die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens lässt sich mehrdimensional an vielen Faktoren messen. Idealerweise lässt sie sich immer aus der Vision ableiten und wieder darauf zurückführen. Die Vision von Swiss Prime Site, nachhaltigen Lebensraum zu schaffen, verpflichtet dazu, insbesondere an Lagen, an welchen die Bedürfnisse der Anspruchsgruppen besonders komplex und vielschichtig sind, Entscheide herbeizuführen, welche die beste und nachhaltigste Lösung darstellen. Dafür müssen auch die Planungsinstrumente weiterentwickelt werden. Wenn es darum geht, Materialkreisläufen eine besondere Beachtung zu schenken, bietet es sich an, gerade bei Umbau- und Redevelopment-Projekten entsprechende Vorgaben zu formulieren und mittels Building Information Management (BIM) basierten Materialpässen zu dokumentieren.

Die Bau- und Immobilienbranche kann insofern eine Vorreiterrolle wahrnehmen, als dazu die erforderlichen Instrumente schon heute zur Verfügung stehen. Dabei ist es wichtig BIM nicht als Technologie, sondern als integrales Denkmodell zu verstehen. Daher sei die Behauptung in den Raum gestellt, dass sich andere Branchen durchaus etwas von der Immobilienwelt abschauen können: Sequenzielle Prozesse lassen sich ebenfalls durch integrales und integratives Management besser steuern. Dadurch können Entscheide im Sinne einer nachhaltig ausgerichteten unternehmerischen Verantwortung getroffen werden. Dies wiederum kann und sollte von hoher gesellschaftlicher Bedeutung sein. Land steht für den Wert des Bodens, dessen Nutzung als Lebensraum sowie alle daraus gewonnenen und im Kreislauf gehaltenen Ressourcen. Niemand weiss dies besser zu schätzen als eine Immobiliengesellschaft.

Der Artikel wird in der NZZ Verlagsausgabe publiziert. Autoren: Urs Baumann, Chief Investment Officer und Martin Pfenninger, Head Group Sustainability & Innovation.

Nachhaltigkeit bei Swiss Prime Site

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