Story-Detail

Nachhaltigkeit ist Zukunftsfähigkeit

Ein starkes Kerngeschäft, vertikal integrierte immobiliennahe Geschäftsfelder und nachhaltige Geschäftsführung sind für René Zahnd, CEO Swiss Prime Site, die Zutaten für Erfolg.

René Zahnd, die Immobilienpreise steigen und steigen. Damit nimmt auch der Wert von Swiss Prime Site zu. Wann erreichen wir die Höchstmarke?
Die Entwicklung der Märkte war tatsächlich positiv. Dies zeigt sich auch in den Neubewertungsgewinnen in der Höhe von CHF 65.9 Mio., welche wir letztes Jahr erzielen konnten. Man spürt jedoch, dass eine Beruhigung einsetzt.

Sind Sie mit dem Geschäftsjahr 2017 zufrieden?
Ja, aber es gibt immer Verbesserungspotenzial. 2017 war ein erfolgreiches Geschäftsjahr. Wir haben unsere finanziellen Ziele erreicht, das Immobilienportfolio nochmals deutlich und erstklassig vergrössern und die Leerstandsquote auf tiefe 5.2% senken können. Zudem konnten wir unsere Entwicklungspipeline voranbringen.

Können Sie etwas konkreter werden?
Den Betriebsgewinn (EBIT) konnten wir um 2.4% auf CHF 470.6 Mio. erhöhen. Davon hat unser Kerngeschäft Immobilien rund 90% erwirtschaftet. Das Immobilienportfolio hat aktuell einen Marktwert von CHF 10.6 Mrd. und ist 2017 um 5.4% gewachsen. Bei der Leerstandsquote kommen wir nun an einen Punkt, an dem wir uns dem Sockelleerstand nähern, wobei wir hier immer noch Potenzial sehen.

Was waren die Meilensteine 2017?
Am meisten erfreut bin ich über die sehr gute Entwicklung unserer Projektpipeline mit einem Gesamtwert von CHF 2.1 Mrd. Zum Beispiel haben wir in Genf beim wichtigen Projekt «Espace Tourbillon» mit dem Bau beginnen können. Gleichzeitig ist es uns gelungen, einen bedeutenden Teil des Projekts an die Hans-Wilsdorf-Stiftung zu verkaufen. In Zürich haben wir mit dem Bau des innovativen Gebäudekomplexes «YOND» begonnen. Dieser ist sehr stark auf das Flexibilitätsbedürfnis unserer Kunden ausgerichtet. Beim «Stücki Park» in Basel konnten wir eine Trendwende einläuten. Wir werden dort Labor-, Forschungs- und Büroflächen ausbauen, den Anteil an Retail reduzieren und das Areal für alle Nutzungsarten durchlässiger machen.

Man hört immer wieder, die Schweiz sei gebaut. Wo sehen Sie für Swiss Prime Site noch Wachstumspotenzial?
Es ist nie etwas fertig gebaut. Was vor 20 Jahren oder früher gebaut wurde, kann heute teilweise kritisch hinterfragt oder muss neu entwickelt werden. Die Generation Y, die mehr und mehr die Wirtschaft beeinflussen und formen wird, hat andere Vorstellungen der Raum- und Büronutzung als frühere Generationen. Aber auch demografische Änderungen bringen Potenzial mit sich. Menschen wollen heute anders leben als früher. Neben diesen exogenen Faktoren haben wir auch von innen heraus gute Möglichkeiten, zu wachsen. Unsere Projektpipeline ist voll und bedeutende Landreserven stehen uns zur Verfügung.

Können Sie auf Basis der aktuellen Bilanz Ihre Wachstumspfade optimal verwirklichen?
Wir haben eine solide Eigenkapitalquote von 43.1% und können auch am Bondmarkt Geld aufnehmen, falls es für Wachstumsprojekte nötig sein sollte. Mit dem teilweisen Verkauf von Entwicklungsprojekten betreiben wir zudem eine aktive Kapital- und Portfoliobewirtschaftung.

Was erwarten Sie bezüglich der Verschärfung der Lex Koller?
Es gibt keine Veranlassung, die Lex Koller zu verschärfen, weshalb wir die vorgeschlagene Änderung insgesamt ablehnen. Der Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland ist genügend geregelt. Der Bundesrat muss in Bezug auf die Erweiterungsvorschläge nochmals über die Bücher.

Dann haben die steigenden Mieten nichts mit der Nachfrage ausländischer Personen nach Grundstücken zu tun?
Das ist richtig. Der Schweizer Immobilienmarkt ist von einheimischen Investoren dominiert. Die Mieten steigen wegen der Nachfrage nach mehr Fläche, der steigenden Anzahl Haushalte und dem Investitionsdruck von Schweizer Pensionskassen und Versicherungen.

Der Investitionsdruck dürfte ein Vorteil für Swiss Prime Site sein?
Wir profitieren davon, weil unser Produkt auf eine hohe Nachfrage trifft. Das Kaufen von möglichst voll vermieteten Bestandsimmobilien an guter Lage ist zu vertretbaren Renditen jedoch fast nicht mehr möglich.

Wie sehen Sie die Stimmung auf dem Schweizer Büroflächenmarkt?
Ein gutes Gesamtkonzept und ein Standort mit optimaler Erschliessung sind entscheidend. Wichtig ist auch, dass sich die Vermieter bezüglich Ausbaustandards und Mietverträgen flexibel zeigen. Nur schon die Büroflächen, die in der Region Zürich in den kommenden Monaten entstehen, werden zu einem zusätzlichen Druck auf dem Markt führen. Dieser ist an erstklassigen Lagen noch robust. Büros in der Innenstadt sind wieder gefragt.

Was unternehmen Sie, um die Leerstände in Ihrem Portfolio zu vermeiden?
Je besser eine Lage und die Qualität der Objekte sind, umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit eines Leerstands. Wir investieren sehr stark in unser Portfolio und legen Wert auf hohe Flexibilität in der Nutzung. Schlussendlich profitieren wir auch davon, dass wir über unsere Immobilienbewirtschafterin Wincasa sehr nahe beim Kunden sind und so auch schnell erfahren, wenn Handlungsbedarf besteht.

In einem früheren Interview prägten Sie den Satz, dass auch eine Leerstandsquote von vier bis fünf Prozent durchaus gesund sein kann. Bleiben Sie dabei?
Leerstand tönt zuerst mal immer negativ. Bei genauem Hinsehen ist es aber kein Drama, im Gegenteil. Es gibt immer einen gewissen Sockelleerstand, das ist normal. Bei einem Portfolio unserer Grösse bedeutet das unter Umständen auch einen grossen Vorteil für unsere Kundenbeziehungen. Mieter können sich innerhalb unseres Angebots weiterentwickeln, denn wir finden bei veränderten Bedürfnissen sehr oft einen neuen passenden Standort innerhalb unseres Portfolios.

Sie wollen vermehrt selber entwickeln. Warum?
Eigene Projektentwicklungen erhöhen die Unabhängigkeit vom Transaktionsmarkt. Wir generieren damit zusätzliches Mietwachstum und können die Profitabilität steigern, da wir in der gesamten Wertschöpfungskette involviert sind. Nicht minder wichtig ist, dass wir dadurch weiteres Know-how gewinnen und den Grad der Nachhaltigkeit von Immobilien selber bestimmen können.

Können Sie uns zu den Eigenentwicklungen ein paar Beispiele nennen?
Nehmen wir die Motel One Hotels in Zürich und Basel. Hier waren zuvor Grossbanken angesiedelt. Die zog es an den Stadtrand – es blieben zwei grosse Gebäude inmitten der Städte. Wir entschieden uns für Businesshotels. Beim neuen Prizeotel in Bern war es ähnlich. Der ehemalige Hauptsitz der Post war als Bürogebäude zu gross für die Stadt. Nun wird der Komplex «Schönburg» mit einem Hotel, einem Fitnesscenter, Mietwohnungen sowie Retailflächen wieder voll vermietet.

Stichwort «immobiliennahe Geschäftsfelder»: Was bringen Ihnen diese?
Mit der vertikalen Integration unserer Gruppengesellschaften in unser Geschäftsmodell können wir die Wertschöpfungskette praktisch lückenlos abdecken. Vom Erwerb eines Grundstücks über Analyse, Entwicklung, Projektierung, Finanzierung, Bewirtschaftung und Nutzung bis zu einem allfälligen Verkauf können wir überall Hand bieten. Dies bringt uns einen klaren Wettbewerbsvorteil.

Wie hat sich diesbezüglich die Konkurrenz verändert?
Es fällt auf, dass andere Marktteilnehmer sich in die gleiche Richtung bewegen und sich ebenfalls Dienstleister ans Geschäftsmodell «anschnallen».

Mit Jelmoli – The House of Brands haben Sie selbst einen Retailer in der Gruppe. Darüber hinaus ist ein gutes Drittel der Flächen Ihrer Immobilien an Detailhändler vermietet. Wie gehen Sie mit der Krise im Handel um?
Der stationäre Detailhandel ist heute ganz klar eine Herausforderung. Dennoch entwickelt sich unsere Gruppengesellschaft Jelmoli gut. Im vergangenen Jahr wuchs der Umsatz. Viele der Flächen im Portfolio sind an exklusiven Lagen. Diese laufen nach wie vor gut.

An Jelmoli wird also weiterhin festgehalten?
Auf jeden Fall. Denn der grosse Erfolg des «House of Brands» hat entscheidenden Einfluss auf den Gebäudewert. Derzeit liegt dieser bei CHF 824 Mio. Ohne einen guten Mieter würde auch das Gebäude an Wert verlieren, trotz der zentralen Lage.

Sie gehen mit Jelmoli an den Flughafen. Warum?
Neben Skaleneffekten erwarten wir vor allem eine positive Auswirkung des Sonntagsverkaufs. Der Standort ermöglicht es uns ausserdem, mit internationalen Topmarken ins Gespräch zu kommen und vor allem auch neue Kunden zu gewinnen.

Digitalisierung im Handel ist in aller Munde. Wie sieht es bei Immobilien diesbezüglich aus?
Digitalisierung hat die Gesellschaft insgesamt erfasst. Es gibt kaum eine Branche, die davon unberührt ist. Mit Building Information Modeling (BIM) wird heutzutage der Planungs- und Umsetzungsprozess komplett digitalisiert. Dadurch haben wir mehr Präzision, eine steigende Effizienz und letztendlich auch weniger Kosten. Ob Architekt, Fachingenieur oder Statiker: Alle arbeiten am selben virtuellen 3-D-Modell. So wissen beispielsweise die Arbeiter auf den Quadratzentimeter genau, wo der Ingenieur die Leitung plant.

Hat die Digitalisierung auch Auswirkungen auf die Bewirtschaftung durch Wincasa?
Hier wird es die grössten Veränderungen geben. Besichtigungen müssen künftig nicht mehr vor Ort erfolgen. Statt dass wir 100 Interessenten durch ein Wohnobjekt führen, können diese eine virtuelle Besichtigung über den heimischen Computer machen und sich online bewerben – direkt über das Kreditprüfungsystem bei Wincasa. In intelligenten Häusern werden künftig viele Aufgaben ganz automatisch erledigt oder ortsunabhängig von den Bewohnern über eine App beauftragt.

Ist dadurch das Geschäftsmodell von Wincasa gefährdet?
Nein. Wincasa ist im Bereich Digitalisierung führend in ihrem Segment. Wir investieren einen signifikanten Betrag, um hier weiterhin an vorderster Front mit dabei zu sein. Für die Bewirtschafter wird sich dadurch das Jobprofil entsprechend anpassen. Wir werden sie in Zukunft genau dort brauchen, wo sie wirklich einen Mehrwert bringen – beim Kunden.

Einer Ihrer Wachstumspfade ist der Bereich Leben im Alter. Wie zufrieden sind Sie hier und wie sehen die weiteren Pläne aus?
Wir konnten 2017 vier neue Standorte eröffnen und das Netzwerk auf 76 ausbauen. Das eingeschlagene Wachstumstempo ist anspruchsvoll, jedoch machbar. Die demografische Entwicklung kommt uns bei Tertianum zugute. Menschen werden immer älter und bleiben relativ lange gesund. Dies schlägt sich auch in unserem Geschäftsmodell nieder. Statt Residenzen bauen wir nun vermehrt Pflegezentren, da sich das Eintrittsalter unserer Gäste erhöht hat. In den kommenden drei Jahren wollen wir die Anzahl der Standorte auf rund 90 bis 100 erhöhen.

Sie suchen mit den Gemeinden Partnerschaften. Wäre das nicht eine Staatsaufgabe?
Die Gelder, welche die öffentliche Hand in die Einrichtungen investiert, könnten eigentlich für andere Leistungen eingesetzt werden. Deshalb gehen Gemeinden wie beispielsweise Richterswil Partnerschaften mit uns ein. Wir bauen und finanzieren das Pflegezentrum und mit Tertianum betreiben wir es sogar. Alles kommt aus einer Hand. Die Qualitätsstandards der Alterspflege definiert natürlich der Staat.

Sie sind einer der CEOs eines grossen Schweizer Unternehmens, der sich sehr stark zur Nachhaltigkeit bekennt. Weshalb?
Die strategische Ausrichtung auf Nachhaltigkeit ist verbunden mit der Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens. Ohne eine nachhaltige Geschäftsführung auf allen Ebenen kann auf lange Sicht kein Unternehmen erfolgreich sein. Nachhaltigkeit ist dabei ein umfassendes Konzept. Es nützt uns nichts, so günstig wie möglich Immobilien aus dem Boden zu stampfen, wenn sie von der Konzipierung her nicht den Kundenbedürfnissen entsprechen, die Technologie veraltet oder der Standort suboptimal ist. All diese Faktoren und noch viele weitere mehr entscheiden darüber, ob man am Markt erfolgreich ist. Wie wir mit Nachhaltigkeit umgehen und sie in unser Denken und Handeln integrieren, legen wir dieses Jahr umfangreich in einem eigenen Bericht offen.

Was sind die Herausforderungen für Swiss Prime Site und wie bereiten Sie sich darauf vor?
Herausfordernd bleibt sicherlich der gesamte Bereich Retail innerhalb unseres Bestandsportfolios. Bisher konnten wir jedoch gut damit umgehen und bedeutende Mietverträge zu gleichbleibenden oder besseren Konditionen erneuern. Weiter ist es derzeit nicht einfach, gute Akquisitionsobjekte zu finden. Die Konkurrenz ist gross – auch aus anderen Branchen. Optimal ist hier unser bestehender Gebäudepark, wo wir selbst Entwicklungen und Redevelopments vorantreiben können und Verdichtungspotenzial sehen. Zudem verfügen wir über eine attraktive Projektpipeline mit beträchtlichen Reserven. So lassen sich die kommenden Herausforderungen meistern.

Was sind Ihre Ziele für das Geschäftsjahr 2018?
Die Weichen für eine weiterhin positive Entwicklung sind gestellt. Zu den Zielsetzungen für das Geschäftsjahr 2018 zählen die Steigerung des Betriebsertrags und des EBIT vor Neubewertungen. Vermietungserfolge und eine nochmalige Senkung der Leerstandsquote werden zu einer deutlichen Zunahme der Mieterträge führen. Der Ertrag aus Immobilienentwicklungen wird wiederum einen wesentlichen EBIT-Beitrag leisten. Weitere Erfolgssteigerungen erwartet Swiss Prime Site aus dem Segment Dienstleistungen. Schliesslich werden das weitere Wachstum des Immobilienportfolios und eine gut gefüllte Entwicklungspipeline im Wert von CHF 2.1 Mrd. zu einer stabilen und attraktiven Ausschüttung an die Aktionäre beitragen.

Sie schauen also optimistisch in die Zukunft?
Das tue ich in der Tat. Aber wir müssen und werden in allen unseren Bereichen am Ball bleiben, um weiterhin erfolgreich zu sein. Dies ist uns bisher gut gelungen.

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