Story-Detail

Lidl ganz gross im Zürcher Fraumünster

In der früheren Fraumünsterpost in Zürich befindet sich die neue Lidl-Vorzeige-Filiale. Eine absolute Premiumlage in Gehdistanz vom Paradeplatz. Für Nadia von Veltheim von Lidl Schweiz war es eine kluge Entscheidung und die logische Fortführung der bisherigen Strategie.

Im Gespräch erzählt die Managerin über das notwendige Fingerspitzengefühl, den Weg des Retails zurück in die Innenstadt und wieso sie auch im Verdrängungskampf gerne auf einen guten Mix von Männer und Frauen im Team setzt.

Eigentlich ist alles ganz normal in der neuen Filiale von Lidl Schweiz. Öffnungszeiten, Sortiment, Preise – alles so wie sonst auch. Sehr speziell ist jedoch die Lage in den Räumen der ehemaligen Fraumünsterpost in Zürichs Stadtzentrum. Seit Ende November finden Kundinnen und Kunden hier auf 1000 Quadratmetern dieselben 1800 Produkte des täglichen Bedarfs wie in allen anderen 116 Lidl-Filialen des Landes. Und trotzdem ist an diesem exklusiven Standort aus dem Portfolio von Swiss Prime Site Immobilien einiges anders. Lidl Schweiz war es ein Anliegen, in Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege, den besonderen Charakter des historischen Gebäudes zu erhalten oder an einigen Stellen sogar wieder hervorzuholen. Das einzigartige Bauprojekt wurde in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Ämtern umgesetzt. Ein für geschützte Gebäude spezialisierter Innenarchitekt wurde engagiert. Die Eröffnung einer Lidl-Filiale an einer solchen Lage erstaunt allerdings nur auf den ersten Blick, passt sie doch in die Strategie des Detailhändlers, vermehrt in den Innenstädten Standorte aufzubauen. Nadia von Veltheim, seit November 2017 Chief Real Estate Officer und damit verantwortlich für den Bau und die Expansion bei Lidl Schweiz, ist sehr zufrieden mit der bisherigen Entwicklung.

Frau von Veltheim, wie läuft die neue Filiale im Herzen von Zürich?
Sehr gut. Wir sind auf Kurs. Das müssen wir auch sein, weil Lidl keine Filialen quersubventioniert. Jeder unserer Standorte ist rentabel. Diese Eröffnung war ein ganz besonderer Kraftakt.

Weshalb?
An diesem Standort hatten wir nicht nur baulich grosse Herausforderungen zu meistern. Zwischen dem Start der Bauphase und der Eröffnung führten wir für kurze Zeit ein Pop-up-Restaurant mit TV-Koch René Schudel und organisierten eine grosse Modeschau. Die Eröffnung, die bei Lidl auch international für Aufsehen sorgte, ist uns pünktlich gelungen. Das ganze Team hat einen tollen Job gemacht.

Ein Rundgang durch die neue Filiale zeigt: Gekonnt und stilvoll hat man hier moderne Ladenbauelemente mit der Historie des Gebäudes verbunden. Wiederkehrend zentrales Material ist Holz. Bei Regalen und Trennwänden, aber auch bei der Version des grossen Lidl-Logos rechts des Haupteingangs wurde es verwendet. Dafür hat man mit einem lokalen Schreiner zusammengearbeitet. Die grosszügigen Fensterfronten blieben offen und wurden nicht, wie sonst im Retail üblich, mit Regalen ausgefüllt. Ausserhalb des Gebäudes blieb alles dezent, man findet kein farbiges Logo. Lediglich ein diskreter schwarzer Schriftzug weist auf den Laden hin. Auch in Bezug auf die Nachhaltigkeit überzeugt das Projekt. Die gesamte Filiale und alle Nebenbereiche werden mit energiesparenden LED-Lampen beleuchtet und die durch die Kühlanlagen generierte Abwärme wird vollständig zurückgewonnen.

Frau von Veltheim, wie wichtig ist der positive Imagetransfer dieser Filiale?
Image ist sicher ein Faktor, allerdings muss auch jede Filiale rentabel sein. Zentral ist für uns, dass wir hier zeigen können: Unser Konzept funktioniert und wir sind auch an Premiumlagen attraktive und konkurrenzfähige Mieter. Lidl ist definitiv in der Schweiz angekommen.

Sie versuchen neuerdings verstärkt mit Standorten in den Innenstädten zu wachsen, ist das korrekt?
Ganz neu ist das nicht. Wir haben beispielsweise bereits 2010 in Genf zwei Filialen in der Stadt eröffnet. Grundsätzlich ist es auf dem Land einfacher, Standorte zu erschliessen. In den Städten sind die Konkurrenz und der Kampf um die geeigneten Immobilien viel härter und Projekte in Bestandsobjekten sind generell sehr viel anspruchsvoller. Den Fokus auf Innenstadtlagen zu legen ist aber sicherlich eine unserer Strategien. Unser Ziel ist es, weiterhin ein sportliches aber auch gesundes Wachstum aus der Expansion zu generieren, was ca. 8–10 neue Filialen pro Jahr bedeutet.

Sie sind bei Lidl seit Kurzem gesamtverantwortlich für die Expansion und die Bauprojekte. Welches sind die Erfolgsfaktoren Ihrer Arbeit?
Wir beobachten genau, was auf dem Markt passiert und analysieren detailliert, wie sich potenzielle Kunden verhalten und wie und wo sie einkaufen. Wir pflegen intensive Kontakte zum Immobilienmarkt und müssen in jeder Beziehung sehr nahe am Markt sein. Expansion hat aber auch viel mit Bauchgefühl zu tun. Man muss niederlagenresistent sein, von 100 möglichen Standorten, die wir ins Visier nehmen, klappt es schlussendlich vielleicht an einem, einen Laden zu eröffnen.

Nadia von Veltheim hat bei Lidl rasch Karriere gemacht. Nach ihrem BWL-Studium in Lörrach stieg die gebürtige Norddeutsche, die in fünf verschiedenen Ländern aufgewachsen ist, mit 24 Jahren bei Lidl Schweiz als Projektleiterin Expansion ein. Berufsbegleitend absolvierte sie an der HWZ den Master in Real Estate Management. 2015 bis 2017 verantwortete von Veltheim die Expansion in der Romandie. Per November 2017 wurde sie als erste Frau in die Geschäftsleitung von Lidl Schweiz berufen. Zu ihrer Direktion «Bau und Expansion» gehören ca. 50 Mitarbeitende.

Mit gerade mal 35 Jahren geben Sie in einer Männerdomäne mächtig Gas. Wie ist das für Sie?
Ich bin eine der Glücklichen, die morgens aufsteht und sich auf ihre Aufgabe freut. Für mich war es nie ein Thema, ob ich mich in einer Männerdomäne bewege. Ich liebe die Arbeit mit Menschen, unabhängig vom Geschlecht, der Nationalität oder der Glaubensrichtung. In 90 Prozent der Fälle habe ich mit Männern zu tun, aber das stört mich nicht. Dennoch braucht es meines Erachtens mehr Frauen im Immobilienbereich. Wichtig ist ein stimmiger Mix und die Kombination von Talenten. Frauen gehen Themen anders an, nicht zwingend besser, aber anders. Gut funktionierende Teams bedingen meiner Meinung nach ein Gleichgewicht in allen Belangen. Das ist in der Natur nicht anders.

Wo finden Sie Ihren Ausgleich zum intensiven Job?
Ich bin privat eher der ruhige Typ. Abschalten kann ich zu Hause im schönen Berner Seeland. Entweder auf dem Rücken meines Pferdes oder in Gesellschaft meines Lebenspartners, der viel Verständnis für mein intensives Arbeitsleben aufbringt.

LinkedIn Copy Link