Story-Detail
Green Leases - Ein Marathon und kein Sprint!
Die Bau- und Immobilienbranche verursachen einen wesentlichen Anteil des CO2-Ausstosses in der Schweiz und weltweit. Vor diesem Hintergrund dürfen sich die Bemühungen zur Bewältigung des Klimawandels nicht nur auf nachhaltig konzipierte Neubauten konzentrieren, wo Zertifizierungen wie der Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS) oder Minergie bereits üblich sind. Die Massnahmen müssen sich auch auf Bestandesliegenschaften ausdehnen. Damit können Immobilieneigentümer das Nachhaltigkeitsniveau ihrer Gebäude langfristig erhöhen. Ein Lösungsansatz dazu ist die Einführung von grünen Mietverträgen, sogenannten «Green Leases».
In Medias Res
Es gibt noch keinen einheitlichen Standard, der einen Mietvertrag als «grün» oder nachhaltig einstuft. Bei einem Green Lease handelt es sich um einen Katalog von Massnahmen wie Mieterinnen und Vermieter im Rahmen des Mietverhältnisses ihren Beitrag zur Nachhaltigkeit beisteuern. Dies wird mit entsprechenden Nachhaltigkeitsklauseln umgesetzt. Diese tragen unter Anderem dazu bei, den CO2-Ausstoss eines Gebäudes zu verbessern. So können Vermieterinnen und Nutzer von den Optimierungen und den daraus resultierenden Vorteilen profitieren. Zwei Ziele können durch die Aufnahme von Nachhaltigkeitsklauseln in Mietverträgen erreicht werden. Zum einen steigern sie die Marktattraktivität von Immobilien. Zum anderen verbessern sie die Energieeffizienz und senken dadurch auch die Nebenkosten.
Letztlich spielen grüne Mietverträge eine ausschlaggebende Rolle in der Erreichung der Klimaziele und hinsichtlich der Netto-Null-Politik bis 2050.
Swiss Prime Site setzt sich langfristige Ziele und richtet das Geschäftsmodell und die Wertschöpfung danach aus. 2019 wurde ein detaillierter CO2-Absenkpfad für das gesamte Immobilienportfolio entwickelt. Dieser prognostizierte für die rund 1.6 Millionen Quadratmeter Geschossfläche eine beeinflussbare Reduktion der relativen CO2-Emissionen (Intensität) um mindestens 75% bis ins Jahr 2050. 2020 hat der Sustainability Ausschuss von Swiss Prime Site das Reduktionsziel für das Immobilienportfolio weiter verschärft, sodass bereits 2040 Klimaneutralität im Betrieb erreicht wird. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es erforderlich weitere zusätzliche Massnahmen, darunter Green Leases, einzusetzen.
Karin Voigt, Chief Portfolio Officer bei Swiss Prime Site und Martin Pfenninger, Head Group Sustainability bei Swiss Prime Site, haben sich im Podcast «Law on Air» den Fragen zu Green Leases gewidmet. Eingeladen wurden sie von Sibylle Schnyder, Fachanwältin im Bereich Bau- und Immobilienrecht und Partnerin bei der Anwaltskanzlei CMS.
Welche konkreten Punkte in Bezug auf Green Leases regelt Swiss Prime Site in Mietverträgen bereits?
Karin Voigt: Wir möchten zusammen mit Mietern eine gemeinsame Haltung zur Nachhaltigkeit definieren. Zudem regeln wir damit den Datenaustausch, die Energieeffizienz der verbauten Technologien und die Nutzung von erneuerbarer Energie. Bereits heute haben wir in unseren Mietverträgen Bestimmungen zu Photovoltaikanlagen, Betriebsoptimierung und Energie-Contracting. Zusätzlich finden wir es wichtig den Bezug von Energie aus erneuerbaren Quellen explizit vorzusehen.
Gebäudemanagement ist zudem ein wichtiges Thema. Bezüglich Nachhaltigkeit geht es hier um die Reinigung sowie konsequente Abfalltrennung. Ebenfalls zentral sind Nachhaltigkeitsgrundsätze bei baulichen Massnahmen. Wir denken dabei an die Verwendung von nachhaltigen Materialien oder die Förderung der Kreislaufwirtschaft. Es sind viele einzelne Punkte, die in Summe stark zur Zielerreichung beitragen werden.
Sind Green Leases in der Schweiz bereits Standard?
Martin Pfenninger: Swiss Prime Site ist diesbezüglich Vorreiterin. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, bis 2040 Klimaneutralität zu erreichen. Nachhaltigkeit ist aber auch bei anderen Immobiliengesellschaften weit oben auf der Agenda. In einer Branchen-Arbeitsgruppe haben wir kürzlich eine Reihe von Elementen erarbeitet, die Teil eines Green Lease werden können. Grüne Mietverträge sind heute noch kein Standard, werden es aber hoffentlich bald sein. Wir haben Nachhaltigkeitsaspekte bereits in Werk- sowie in Bewirtschaftungs- und FM-Verträgen integriert. Mietverträge sind nun der logische nächste und wichtige Schritt. Diese nachhaltige Entwicklung ist ein Marathon und kein Sprint. Das muss man sich immer wieder vor Augen führen.
«Grüne Mietverträge sind heute noch kein Standard, werden es aber hoffentlich bald sein.»
Martin Pfenninger, Head Group Sustainability bei Swiss Prime Site
Was sind die Vorteile eines solchen Vertrages für die Mieter? Man hört auch das Argument, dass ein Green Lease in erster Linie höhere Kosten mit sich bringt…
Karin Voigt: Das ist nicht der Fall. Einerseits kann viel umgesetzt werden, ohne Mehrkosten zu verursachen. So führt beispielsweise die präzise und selektive Produktwahl bei Ausbauten zu einer höheren Aufenthaltsqualität. Andererseits schaffen wir auch durch kluge Sensorik eine Steigerung der Effizienz und empfundenen Innenraumqualität. Heutzutage sind ESG-Themen bei den meisten grösseren Firmen per se wichtig und zentral. Wir sind Eigentümer von vor allem kommerziell genutzten Liegenschaften. Das heisst, unsere Mieter sind Unternehmen. Diese müssen und wollen bis 2050 klimaneutral sein. Um dieses Ziel zu erreichen, muss Nachhaltigkeit in ihrem operativen Betrieb und in ihrer Immobiliennutzung grosse Beachtung finden. Diesem Bedürfnis kommen wir mit unseren Green Leases entgegen und helfen den Mietern ihre Ziele zu erreichen. Ein Green Lease ist für uns ein partnerschaftliches Instrument, das allen Involvierten Vorteile bringt, also eine echte Win-Win-Lösung darstellt.
«Ein Green Lease ist für uns ein partnerschaftliches Instrument, das allen Involvierten Vorteile bringt, also eine echte Win-Win-Lösung darstellt.»
Karin Voigt, Chief Portfolio Officer bei Swiss Prime Site
Bei laufenden Mietverträgen sind Green Leases nicht ganz einfach zu verwirklichen. Wie ist da die rechtliche Lage?
Sibylle Schnyder: Das ist bei laufenden Verträgen tatsächlich nicht ganz einfach. Werden dem Mieter in einem laufenden Mietverhältnis neue Verpflichtungen auferlegt, spricht man von einer sogenannten einseitigen Vertragsänderung, welche nur auf einen Kündigungstermin hin erfolgen kann. Eine solche Anpassung muss mittels eines amtlich genehmigten Formulars mitgeteilt werden. Ich denke aber, dass grüne Mietvertragsklauseln in der Praxis häufig im Rahmen von einvernehmlichen Vertragsanpassungen erfolgen, zum Beispiel bei einer Mietvertragsverlängerung oder in Zusammenhang mit anderen Anpassungen. In einem solchen Fall einigen sich die Parteien auf neue oder ergänzende Vertragsbestimmungen. Diese können dann in einem Nachtrag zum Mietvertrag oder einem neuen Mietvertrag festgehalten werden.
Wird es nun in der EU einen Schub von Green Leases geben?
Sibylle Schnyder: Es ist zu erwarten, dass Green Leases in der EU auch wegen neuer Gesetzesvorschriften einen Nachfrageschub erleben werden. So sieht zum Beispiel die neue, sogenannte Taxonomy Regulation explizite Nachhaltigkeitsanforderungen für die Finanzbranche und börsenkotierte Immobiliengesellschaften vor. Green Leases können für Unternehmen ein Instrument sein, um diese Vorgaben zu erfüllen. Im europäischen Immobilienmarkt geht man davon aus, dass grüne Klauseln im Laufe dieses Jahrzehntes zum Standard in Geschäftsmietverträgen mit institutionellen Immobilieninvestoren werden. Diese Entwicklung wird wohl auch vor der Schweiz nicht Halt machen.
Green Leases werden die künftige Basis für eine nachhaltige Nutzung von Liegenschaften bilden. Swiss Prime Site, als Vorreiterin der Immobilienbranche, hat sich des Themas angenommen und durch Green Leases wichtige Massnahmen abgeleitet. Diese werden dem Unternehmen und ihren Kunden helfen die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Da Stakeholder zunehmend Wert auf nachhaltige Mietflächen legen, schafft Swiss Prime Site durch den Einsatz von Green Leases zusätzliche Attraktivität und freut sich ihren Teil zu einer lebenswerten und nachhaltigen Zukunft beizutragen.