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Auch das Management der Immobilien muss «prime» sein!

Karin Voigt ist Chief Portfolio Officer bei Swiss Prime Site und verantwortlich für einen Immobilienpark mit rund 180 Gebäuden an den besten Standorten der Schweiz. Ein Gespräch über Qualität, modernes Portfolio Management, Nachhaltigkeit, digitale Immobilien und viele Stellschrauben an denen sie dreht. Auch auf die Frage, ob wir in 20 Jahren noch in Büros arbeiten werden, hat sie eine klare Antwort.

Was ist das Wichtigste an Deiner Arbeit?
Das Zentrum unseres Interesses ist das Portfolio mit rund 180 Immobilien. Die exzellente Qualität der Standorte und der Gebäude gilt es, trotz des bereits hohen Niveaus, stetig weiter zu verbessern und an die immer vielfältigeren Bedürfnisse der Mieterinnen und Mieter anzupassen. Marktnähe ist das Stichwort! Mein Anspruch ist es, innovativ zu sein, um agieren zu können, anstatt reagieren zu müssen.

Welche Themen sind derzeit für Dich und Dein Team zentral?
Trotz der bereits vorzüglichen Einschätzung unserer Immobilien, denken wir, dass wir weitere schlummernden Potenziale im Portfolio haben. Dazu befassen wir uns mit Nachhaltigkeit in allen Facetten, einem operativen Daten-Cockpit – um das Portfolio effizient zu steuern, der aktiven Mitgestaltung unserer Entwicklungspipeline, Optimierungen des Liegenschaftsmanagements sowie der Nähe zu unseren Mietern.

Angefangen bei der Qualität des Standorts und der Immobilien: Was tut Ihr da?
Trotz grosser Herausforderungen wie Pandemie, immer höhere Mieteranforderungen und geopolitischen Spannungen haben wir es geschafft, die Qualität des Portfolios zu erhöhen und es zu einem der exklusivsten und besten der Schweiz zu machen. Dazu haben wir es verdichtet, indem wir nicht passende Immobilien mit Gewinn verkauft, aber auch wichtige Zukäufe getätigt haben. Darüber hinaus investierten wir in die Flächenqualität, indem wir die Individualität sowie Flexibilisierung erhöht und die Modernisierungen der Immobilien vorangetrieben haben. Die Antwort des Marktes auf unsere Initiativen fiel wie gewünscht aus: Ein rekordtiefer Leerstand, Like-for-like Mietwachstum und zufriedene Mieterinnen und Mieter.

Eine unserer Stärken ist, dass wir – trotz starkem Fokus auf Büros – ein breit diversifiziertes und damit stabil abgestütztes Portfolio besitzen.

Karin Voigt, Chief Portfolio Officer

Was bedeutet für Dich «prime»? 
Ganz allgemein gesagt, bedarf es der höchstmöglichen Lage- und Standortqualität der Immobilien wie auch eines exzellenten Ausbaustandards, um unseren «prime» Anspruch zu erfüllen. Zudem bedeutet «prime» für jede Nutzungsart etwas anderes. Für Büros ist dies klar die Innerstadt. Bei City-Logistik ist der Stadtrand optimal und Laborimmobilien befinden sich am besten in einem geographischen «Cluster» wie in Schlieren oder Basel.  Neben dem Standort und der Immobilie – also der Hardware – spielt aber auch der Faktor Mensch beziehungsweise das Team, das dahintersteht, eine wichtige Rolle. Dieses besteht im hohen Masse aus Spezialisten und muss eingespielt sowie performant sein, um die immer höher werdenden Ansprüche unserer Kunden zu verstehen und umsetzen zu können. Sie teilen sich Wertvorstellungen, Verantwortung und haben einen starken Zusammenhalt. Das Management, sprich die Software der Immobilien, muss also auch «prime» sein.

Was ist der USP «Deines» Portfolios?
Neben der hohen Qualität bezüglich des Standorts, Innenausbau und des Teams, ist eine unserer Stärken, dass wir – trotz starkem Fokus auf Büros – ein breit diversifiziertes und damit stabil abgestütztes Portfolio besitzen. Oft hören wir zudem, dass wir die ersten auf dem Markt sind, die dies und jenes realisieren oder tun, anstatt nur darüber zu reden. Es ist tatsächlich so, dass wir bei vielen unserer Projekte keine Vorbilder haben, an denen wir uns orientieren könnten. Zumeist sind wir die ersten, die ein Vorhaben in die Tat umsetzen. Beispielhaft ist hier die Zertifizierung des gesamten Portfolios innerhalb von einem Jahr oder die Erprobung von «grünen» Mietverträgen. Unsere Grösse erlaubt uns einen wohl überlegten aber hohen Grad an Innovation. Darüber hinaus sind es auch unsere Werte, die uns ausmachen. Wir sind operativ schlank aufgestellt, haben eine unternehmerisch geprägte Kultur und bieten unseren Kundinnen und Kunden grösstmögliche Agilität und Flexibilität.

Bleiben wir bei den Kunden: Wie haben sich ihre Bedürfnisse in den vergangenen Jahren verändert?
Unsere Mieter wünschen sich Flexibilität, Individualität und den direkten Austausch. Teilweise wollen sie gar Flexibilität bei den Mietzinsen. Dies steht teils im Widerspruch zu unseren Anforderungen, da wir auf Stabilität und Kontinuität setzten. Nichtsdestotrotz versuchen wir auf individueller Basis mit den Mietern exklusive und auf sie zugeschnittene Lösungen zu finden. Da sind oft viel Kreativität und Fingerspitzengefühl in meinem Team gefragt. Das geht nur, wenn man eine starke Bindung zu den Mietern hat.

Du hörst diese Frage vermutlich nun zum x-ten Mal: Was hat die Pandemie verändert?
Viel und doch auch wenig! Viel im Sinne von Flexibilisierung der Flächen und Interaktionsfrequenzen mit unseren Mietern. Unsere Kunden wollen die gemieteten Flächen möglichst frei verändern können. Nach Bedarf mehr Begegnungszogen, Sitzungszimmer oder Arbeitsplätze konzipieren. Dies bedeutet, mehr Abstimmung mit ihnen. War es früher Usanz eine Fläche zu vermieten und sich allerhöchstens jährlich beim Kunden zu melden, sind die heutigen Gespräche zahlreicher und die Beziehung viel enger. Was in meinen Augen sowohl den Kunden wie auch uns viel bringt.

Und was hat sich wenig verändert?
Die Nachfrage nach exzellent gelegenen Immobilien und deren Flächen ist unverändert hoch. Es hat kein «Büroexodus» stattgefunden. Die Nachrufe auf «das Büro» waren ungerechtfertigt. Im Gegenteil: Es hat sogar eine Aufwertung des Büros als Wirkungsstätte stattgefunden. Will man wichtige Dinge erledigen oder den Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen pflegen, geht man ins Büro. Heutzutage spiegelt sich sehr oft auch die Kultur der Unternehmen auf den Flächen wider. Diese kann man weniger in digitalen Sitzungen erfahren. Ein anderer Punkt ist die Lage. Sie ist immer noch ein zentraler Entscheidungsfaktor für unsere Mieter. Ein Standort mit gutem ÖV-Anschluss, modernen Flächen und ein gutes Angebot in der unmittelbaren Umgebung sind wie eh und je heiss begehrt. Zusammenfassend würde ich sagen: «Same-same-but-different».

Werden wir also auch in 20 Jahren noch in Büros arbeiten? 
Ja, aber diese werden vermutlich anders aussehen. Vielleicht werden sich verschiedene Unternehmen künftig Büroflächen teilen. Es gilt zu bedenken, dass Menschen elementare Bedürfnisse haben, um sich wohlzufühlen. Dazu gehört beispielsweise zu wissen, wo man beruflich zugehörig ist und wo man hingehen kann, um seine Arbeitskolleginnen und -kollegen zu treffen. Als soziale Wesen benötigen wir, trotz Home-Office, Mobile Work et cetera immer noch eine Art «Basis», also eine vertraute Umgebung. Dies ist auch gut so.

Nachhaltigkeit hast Du zu Beginn ebenfalls erwähnt. Was heisst Nachhaltigkeit für Dich?
Die kurze Antwort hat drei Buchstaben: DNA! Nachhaltigkeit ist ein grundlegender Baustein der Unternehmenssequenz von Swiss Prime Site. Das Thema ist zentral für ein resilientes Geschäftsmodell sowie eine langfristig orientierte Wertschöpfung. Auch bei unseren Kunden sehen wir seit mehreren Jahren den Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit. So fragen sie beispielsweise zunehmend nach, wie es diesbezüglich um die gemieteten Büros oder anderen Flächen steht. Hier ist auch eine der Stellschrauben, die es uns erlaubt uns von der Konkurrenz abzuheben und Potenzial zu heben. 

Was heisst dies nun konkret auf das Portfolio umgemünzt?
Diesbezüglich sind wir auf verschiedenen Ebenen unterwegs. Für unsere bestehenden Immobilien nutzen wir beispielsweise etablierte Zertifizierungssysteme, um die aktuelle Nachhaltigkeits-performance im Bestand optimal zu messen und daraus verschiedene Verbesserungsmassnahmen abzuleiten. Diese können wir – vergleichsweise – schnell oder mit bestimmter Vorlaufzeit implementieren.

Kannst Du Beispiele nennen?
Auf Objektebene gibt es viele kleinere Massnahmen, die in der Summe eine wichtige Rolle spielen. Es fängt mit der Umrüstung auf LED an, geht weiter zu nachhaltigen Reinigungsmitteln sowie Massnahmen, um den Wasserverbrauch zu optimieren bis hin zum effizienten Abfallmanagement. Wir können in überschaubarer Zeit auch nachhaltige Mobilitätskonzepte bei unseren Immobilien realisieren. Falls gewisse Rahmenbedingungen gegeben sind, lassen sich fast ebenso rasch unterstützende oder alternative Energiequellen wie Photovoltaik-Anlagen installieren oder die Biodiversität von Arealen verbessern. Andere Massnahmen wie Anschlüsse an Fernwärme, ökologischere Heizungs- und Kühlungssysteme oder die Implementierung von Kreislaufwirtschaft brauchen länger und sind teilweise stark an den Lebenszyklus der Immobilien gebunden. Es ist eben auch wichtig, dass Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit Hand in Hand gehen.

Gibt es auch Initiativen bezüglich der sozialen Komponente?
Um der sozialen Komponente, also dem «S» von ESG, gerechter zu werden, haben wir neu ein Community Management ins Leben gerufen. Diese Einheit fokussiert sich in unserem Auftrag auf die grösseren Areale und verfolgt das Ziel die Vernetzung der Nutzer zu erhöhen. Darüber hinaus sollen die Gebäude und Immobilien auch besser in die Umgebung beziehungsweise unmittelbare Nachbarschaft oder das Quartier eingebettet werden.

Wie sieht es bei Entwicklungsprojekten aus? 
Bei Entwicklungsprojekten setzten wir in der Planungs- und Bauphase auf den Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS). Gleichzeitig ist die Prüfung der Kreislauffähigkeit der Projekte eines unserer Standardverfahren. Wir sind überzeugt, dass neben wirtschaftlichen Aspekten wie der Ertragskraft, hoher Nutzungsqualität und -flexibilität sowie geringen Lebenszykluskosten auch ökologische Aspekte wie die Reduktion der CO2-Emissionen sowie gesellschaftliches Wohlbefinden in den von uns nachhaltig gestalteten «öffentlichen» Aussenräumen künftig noch wichtiger werden. Damit stellen wir auch die Zukunftsfähigkeit unseres Immobilienportfolios langfristig sicher.

Du erwähnst diesbezüglich Daten und Messungen. Kannst Du das etwas mehr ausführen?
Bei rund 180 Immobilien und etwa 1.7 Mio. Quadratmeter Flächen, verfügen wir über eine ausgezeichnete operative Sensorik, um einen hohen Transparenzgrad zu erreichen. Darauf basierend schaffen wir nun mittels vertiefter Analyse eine Art «Betriebscockpit», um die Steuerbarkeit weiter zu verbessern. Damit können wir die Kosten massgeblich beeinflussen. Dies bringt nicht nur uns selbst etwas, sondern auch unseren Kunden, die so ihre CO2-Bilanz optimieren können. Damit haben wir ebenfalls ein Element, um die Investitionen zeitgerecht und richtig zu planen. Auch hier haben wir also eine von uns selbst definierte Stellschraube, die wir betätigen können, um die Qualität unserer Immobilien weiter anzuheben und uns optimal im Markt zu positionieren.

Wo sonst könnt Ihr diese Transparenz noch nutzen?
Sicherlich im Bereich der Bewirtschaftung unserer Immobilien. Dort haben wir vor rund zwei Jahren von einem leistungs- auf ein resultatorientiertes Modell gewechselt. Die Bewirtschafter haben also nicht mehr eine «To Do Liste», die es abzuarbeiten gilt. Wir stellen ihnen Vorgaben, welche Innovation fordern und direkt mit unseren Mietern zu tun haben. Weiter wollen wir die gewonnen Erkenntnisse auch bei Neubauprojekten nutzen, um von Beginn weg mögliche spätere Ausreisser und Auffälligkeiten im Betrieb zu vermeiden. All dies dient der weiteren Verbesserung der Portfolioperformance.

Meintest Du dies zu Beginn mit der Bemerkung zum Mitgestaltungsgrad bei Repositionierungs- und Neubauprojekten? 
Auch, aber nicht nur. Eine unserer Unternehmensstärken ist es, die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu fördern. Damit verhindern wir von Beginn weg aktiv mögliches Silodenken und holen für Kunden und uns das Maximum heraus. Gemeinsam mit Development & Construction schaffen wir viel mehr Potenzial, da wir neben der Markt- auch die Kundensicht konsequent einbringen.

Wie geht man bei einer so grossen Repositionierung wie des Jelmoli-Hauses vor?
Bei Jelmoli ist es wichtig die Bedeutung dieser einzigartigen Immobilie zu verstehen und stets im Auge zu behalten. Sie ist für die Bahnhofstrasse und die Stadt Zürich von grosser Wichtigkeit. Dem müssen wir Sorge tragen. Gleichzeitig ist das bisherige Konzept eines so grossen Warenhauses schlicht nicht zeitgemäss. Grundsätzlich spielt bei der Umsetzung das Projektteam eine zentrale Rolle. Dieses muss bereit sein, die berühmte «Extrameile» zu gehen. Unser Ziel ist es, das Gebäude mehrparteienfähig zu machen, die Durchmischung der Nutzungen deutlich zu erhöhen und es zu einer neuen Destination für verschiedene Generationen zu machen. Dabei hilft auch, dass wir weiterhin im Erd- und Untergeschoss Retail belassen. 

Welche Nutzungsart beschäftigt Dich und Dein Team derzeit am meisten und was geschieht dort?
Die Fokussierung auf bestimmte Nutzungsarten steht bei uns nicht so sehr im Zentrum wie das richtige «Produkt» beziehungsweise die optimale Immobilie am richtigen Ort zu haben. Natürlich werden wir uns auch künftig auf Büro-, Gewerbe- und Infrastruktur-Immobilien konzentrieren. Doch, unsere Gebäude haben sehr oft verschiedene Mieter. Dabei ist es zentral die richtigen zusammenzubringen und eine gute Mischung zu kreieren. Was nach einem Spagat zwischen Kreativität und Cashflow aussieht, können wir zumeist durch unternehmerisches Denken bei unserer Produktgestaltung meistern.  

Es ist ungewohnt sich ein Gebäude als Produkt vorzustellen. Diese «Produkte» werden mittlerweile auch in der digitalen Welt angeboten, z. B. im Metaversum. Wird Swiss Prime Site auch bald Assets im digitalen Raum besitzen?
Wie erwähnt, sind wir oft «First Mover». Tatsächlich haben wir da etwas in Planung. Ich nehme also gerne Anfragen für digitale Mietflächen entgegen!
 

Zum Video-Interview

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