CO2-Reduktionsziel und Absenkpfad
CO2-Reduktionsziel und Absenkpfad
Swiss Prime Site entwickelte im Berichtsjahr einen detaillierten CO2-Absenkpfad für das gesamte Immobilienportfolio. Mit geplanten Investitionen von über CHF 650 Mio. bis 2050, insbesondere in Gebäudehüllensanierungen und Heizungsersatzmassnahmen, wird ein CO2-Reduktionspfad angestrebt, der deutlich über das 2-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens hinausgeht. Um in Einklang mit den Zielen des Bundesrates Klimaneutralität zu erreichen, muss Swiss Prime Site zukünftig auch CO2-Kompensationsmassnahmen in Betracht ziehen.
Wissenschaftliche Szenarien, wie sie beispielsweise vom Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) publiziert werden1, prognostizieren bis zum Jahr 2050 eine Verschärfung und Beschleunigung des heute schon ersichtlichen Klimawandels. Insgesamt gehen die Prognosen von stark steigenden Kosten für die Behebung von Klimaschäden und Anpassungsmassnahmen aus. Die Folgen einer ungebremsten Klimaveränderung treffen auch die Schweiz. Gemäss den vom National Center for Climate Services (CCS) erstellten Klimaszenarien2 erwartet die Schweiz signifikante Veränderungen wie steigende Trockenheit, häufigere Wetterextreme und eine stark erhöhte Anzahl an Hitzetagen.
Gleichzeitig ändern sich die politischen Rahmenbedingungen. Der Bundesrat verschärfte im August 2019 seine Klimaziele, welche Teil der Diskussion um die Revision des CO2-Gesetzes sind. Die Klimaziele geben einen Reduktionspfad für die Schweiz vor, anhand dessen die Nettoemissionen bis 2050 auf null reduziert werden3. Mit der Energiestrategie des Bundes4 und dem seit 2018 gültigen Energiegesetz sind bereits weitreichende gesetzliche Rahmenbedingungen festgesetzt. Des Weiteren stehen diverse kantonale und städtische Initiativen zur Debatte, welche Verschärfungen der Rahmenbedingungen im Gebäude- und Mobilitätsbereich vorsehen. Es ist damit zu rechnen, dass bei Stadt- und Arealentwicklungen mittelfristig Klimabudgets vorgeschrieben werden, die Emissionsobergrenzen für Immobilienentwickler und -betreiber beinhalten. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen hat Swiss Prime Site ein weitreichendes Reduktionsziel und einen CO2-Absenkpfad für das eigene Immobilienportfolio definiert.
Swiss Prime Site unterstützt die Ziele des Pariser Klimaabkommens5 (2°-Grad-Ziel) und einer langfristig klimaneutralen Schweiz, zu der die Wirtschaft einen wesentlichen Beitrag leisten muss. Das Unternehmen verfolgte bisher eine Vielzahl an Initiativen und Projekten zur Reduzierung der CO2-Emissionen. Diese reichen von Energie-Controlling und Betriebsoptimierungen über Potenzialanalysen für die Installation von Photovoltaikanlagen bis zur Förderung von Elektromobilität, verliefen jedoch meist unabhängig voneinander. Swiss Prime Site setzte sich deshalb 2017 das Ziel, einen CO2-Absenkpfad für das Immobilienportfolio zu entwickeln, der die existierenden Projekte und einzelne Initiativen auf ein übergeordnetes Langfristziel ausrichtet und an klare Vorgaben knüpft.
Das bereits 2012 eingeführte Energiemanagement diente als Grundlage zur Erstellung einer einheitlichen CO2-Bilanzierung über die gesamte Gruppe, wodurch sich die Datenverfügbarkeit und Qualität signifikant verbesserten. Die gewonnene Transparenz zum Energieverbrauch und die damit verbundenen CO2-Emissionen trug wesentlich zur Entwicklung des Absenkpfads bei und ermöglicht die zukünftige Überprüfung des Fortschritts.
Der Fokus des CO2-Absenkpfads liegt auf dem Energieverbrauch (Scope 1 und 2) des Immobilienportfolios, welches den mit Abstand grössten Teil der CO2-Emissionen des Unternehmens ausmacht. Der Absenkpfad berücksichtigt Total 165 Liegenschaften sowie ein jährliches Portfoliowachstum von total 20 000 m2. Da das Immobilienportfolio von Swiss Prime Site vergleichsweise jung und auf einem technologisch modernen Stand ist, sind Energieverbrauch und CO2-Emissionen vergleichsweise tief – und umso grösser ist die Herausforderung, weitere Verbesserungen zu erzielen.
Zur Erarbeitung des Absenkpfads wurden im ersten Schritt die möglichen Handlungsfelder erfasst, in denen Swiss Prime Site einen direkten Einfluss auf die CO²-Emissionen hat und in denen somit wirkungsvolle Massnahmen definiert werden können. Die Beeinflussung durch externe Faktoren, wie beispielsweise durch Break-through Technologien, wurde vorerst nicht miteinbezogen. Die wesentlichen Handlungsfelder liegen in den Bereichen elektrische Energie, Wärme und Gebäudehüllensanierung. Dabei berücksichtigt Swiss Prime Site die Sanierungszyklen der Bestandsliegenschaften sowie das angenommene jährliche Wachstum im Bestand (10 000 m2 à × kg CO2e/m2) und bei Neubauentwicklungen (10 000 m2 à × kg CO2e/m2).
Unter Berücksichtigung verschiedener Handlungsoptionen in den vier Handlungsfeldern berechnete Swiss Prime Site drei Reduktionsszenarien. Swiss Prime Site entschied auf dieser Grundlage, das ambitionierteste Szenario als Absenkpfad zu verfolgen, und somit die relativen CO2-Emissionen bis 2050 um 75% zu senken. Dieses Ziel ist deutlich ambitionierter als das 2-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens.
Um den definierten Absenkpfad zu realisieren, bedarf es einer drastischen Reduktion der relativen CO2-Emissionen, von jährlich 22.27 kg CO2 pro Quadratmeter (2019) auf circa 5 kg CO2 pro Quadratmeter bis 2050. Die hierfür in den Objektbewertungen bereits budgetierten Investitionskosten für Gebäudehüllensanierungen (Fenster, Fassade, Dach) belaufen sich auf Total CHF 610 Mio. Weitere CHF 40 Mio. wurden für Heizungsersatzmassnahmen bereitgestellt. Allfällige darüber hinausgehende Kosten müssen nun schrittweise im Rahmen der Einzelobjektbetrachtung konkretisiert und über den Zeitraum von 30 Jahren sinnvoll verteilt eingeplant werden. Swiss Prime Site strebt zudem an, signifikante Häufungen von Massnahmen, wie sie aufgrund der Objektbewertungen beispielsweise in den Jahren 2029 und 2030 geplant sind, besser über die Jahre zu verteilen und so den Absenkpfad zu glätten.
Aus aktueller Sicht erachtet Swiss Prime Site eine Reduktion der CO2-Emissionen auf «Netto Null» bis 2050 durch eigene Reduktionsmassnahmen als nicht umsetzbar. Deshalb sieht das Unternehmen vor, die dannzumal verbleibenden unvermeidbaren CO2-Emissionen durch Kompensationsmassnahmen, insbesondere durch Projekte im Inland, auszugleichen. Swiss Prime Site rechnet damit, dass sich ab dem Jahr 2050 die jährlichen Kompensationskosten für den Ausgleich nicht vermeidbarer CO2-Emissionen auf rund CHF 2 Mio. belaufen werden. Grundlage für diese Berechnung ist die Annahme eines zukünftigen CO2-Preises von CHF 200 pro Tonne.6
Um den ambitionierten Absenkpfad zu realisieren, setzt sich Swiss Prime Site klare Ziele für die Umsetzung an Bestandsliegenschaften und bei Projektrealisierungen. Dabei orientiert sich das Unternehmen am Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS). Bei Neubauprojekten und Totalsanierungen integriert die Projektentwicklung Nachhaltigkeitsaspekte möglichst früh in der Planungsphase und berücksichtigt den gesamten Lebenszyklus der Immobilie. Für den Fall einer Zertifizierung muss seit 2019 bei allen Neubauprojekten die SNBS-Note 4 erreicht werden.7 Künftig werden die diesbezüglichen Vorgaben nochmals deutlich verschärft, wobei sich die Ziele primär auf die CO2-Intensität konzentrieren.
Zusätzlich zu diesen quantitativen Zielvorgaben kann Swiss Prime Site zukünftig weitergehende Kriterien festlegen, um Neubauten mittelfristig emissionsfrei zu realisieren und langfristig als Kraftwerke zu nutzen. Diese Vorgaben betreffen unter anderem die Nutzungsdichte, Lebenszykluskosten, Mobilität, Nutzungsflexibilität, den sommerlichen Wärmeschutz sowie die Erreichbarkeit und bauliche Verdichtung. Die Einhaltung weitergehender Kriterien hängt jedoch unter anderem vom Fortschritt in der Gebäudeinnovation ab. Swiss Prime Site verfolgt diesen Markt sorgfältig und prüft laufend, welche Neuerungen zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Reduktion der CO2-Bilanz genutzt werden können.
Bei Bestandsimmobilien besteht das grösste Reduktionspotenzial in der Beschaffung der Elektrizität und Wärme sowie in Sanierungsmassnahmen. Swiss Prime Site definierte auch für Bestandsliegenschaften kurz-, mittel-, und langfristige Vorgaben, die sich an den Kriterien von SNBS orientieren und in den individuellen Objektstrategien berücksichtigt werden müssen. Eine Gebäudezertifizierung wird im Einzelfall geprüft, insbesondere bei Totalsanierungen. Die Einhaltung des CO2-Absenkpfads erfordert die Umsetzung der definierten Massnahmen ab 2020. Zusätzliches Reduktionspotenzial ergibt sich durch die Umsetzung weitreichenderer Massnahmen ab 2025 und 2035.
Um die mit dem CO2-Absenkpfad definierten quantitativen und zeitlichen Ziele für die Reduktion der CO2-Emissionen im Gebäudeportfolio zu operationalisieren, entwickelte Swiss Prime Site ein integrales Energiekonzept. Dieses enthält konkrete Handlungsempfehlungen zur Umsetzung der CO2-Absenkstrategie auf Objektebene. Die Massnahmen bei Neubauprojekten beziehen sich sowohl auf die Beschaffung von Energie sowie auf die Produktion, Speicherung, Verteilung, den Verbrauch und die Messung und Verrechnung.
Bei bestehenden Immobilien beeinflusst das integrale Energiekonzept die individuellen Objektstrategien und die Mehrjahresplanung über das gesamte Portfolio, in der Investitionen zur Reduktion der CO2-Emissionen langfristig geplant und im Zuge der Bewertung aligniert werden.
Das integrale Energiekonzept stellt somit sicher, dass der CO2-Absenkpfad als Zieldefinition im Unternehmen operationalisiert, gemessen und bewertet wird. Mit der vollständigen Umsetzung soll jederzeit ersichtlich sein, wo sich das Unternehmen auf dem Zielpfad befindet und unter welchen Voraussetzungen es allfällige Kompensationsmassnahmen frühzeitig umzusetzen gilt.
1 The Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC): AR5 Synthesis Report: Climate Change 2014, online, Quelle: https://www.ipcc.ch/report/ar5/syr/
2 CCS (Hrsg.) 2018: CH2018 - Klimaszenarien für die Schweiz. National Centre for Climate Services, Zürich.
3 Bundesamt für Umwelt 28.08.2019: Klimaziel 2050, online, Quelle: https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/klima/fachinformationen/klimaziel-2050.html
4 https://www.bfe.admin.ch/bfe/de/home/politik/energiestrategie-2050.html
5 Bundesamt für Umwelt 2018: Das Übereinkommen von Paris, online, Quelle: https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/klima/fachinformationen/klima--internationales/das-uebereinkommen-von-paris.html
6 Zum Vergleich: Der CO2-Preis im Europäischen Emissionshandel lag 2019 bei circa EUR 24 pro Tonne
7 Die Bewertungsskala umfasst die Noten 1-6; für die SNBS-Zertifizierung eines Neubaus müssen alle Indikatoren die Note 4 erreichen